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OLG Braunschweig weist Berufung in Klimaschutzklage gegen Volkswagen AG zurück

OBERLANDESGERICHT BRAUNSCHWEIG – 28. Juni 2024

Der 2. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig hat am 24. Juni 2024 die Berufung in dem Verfahren gegen die beklagte Volkswagen AG betreffend die Verringerung von Co2- Emissionen zurückgewiesen (Az. 2 U 8/23). Damit hat der Senat das klageabweisende Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 14. Februar 2023
(Az. 6 O 2931/21) bestätigt.

Mit ihren Anträgen will die Klägerseite zum einen erreichen, dass der Beklagten untersagt wird, ab dem Jahr 2030 Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotoren herzustellen. Zum anderen soll das Gericht die Beklagte verpflichten, den CO2 Ausstoß durch die bereits produzierten Fahrzeuge zu verringern. Die Beklagte trage mit ihren Fahrzeugen und den dadurch veranlassten Emissionen zu dem weltweiten Klimawandel bei. Sie beeinträchtige damit grundgesetzlich geschützte Rechte der Klägerseite, insbesondere ihr Eigentum, ihre Gesundheit und ihre persönliche Freiheit.

Der Senat hat die Berufung als offensichtlich unbegründet erachtet und ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss nach § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Der Klägerseite stünden die geltend gemachten Ansprüche aus §§ 1004 Abs. 1 S. 2 (analog), 823 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) nicht zu.

Der Gesetzgeber habe im Verkehrssektor verfassungskonforme und zur Klimaneutralität führende Regelungen geschaffen. Er sei damit seiner Verpflichtung, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren, nachgekommen. Da die Beklagte sich unstreitig an die gesetzlichen Vorgaben und Regelungen halte, könne weder das Inverkehrbringen von neuen Personenkraftwagen mit Verbrennungsmotoren noch der damit im Zusammenhang stehende Ausstoß der Emissionen rechtswidrig sein. Insoweit verstoße die Beklagte auch nicht gegen ihr obliegende Verkehrssicherungspflichten. Vielmehr müsse die Klägerseite die von ihr dargestellten Beeinträchtigungen angesichts dieses Umstandes dulden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Klägerseite sich auf den Schutz ihrer Grundrechte berufe. Grundrechte, die in der Regel ausschließlich unmittelbare Wirkung im Verhältnis zwischen Bürger und Staat entfalteten, seien zwar bei der Auslegung zivilrechtlicher Normen des Deliktsrechts wie §§ 1004, 823 BGB zu berücksichtigen. Allerdings reiche die mittelbare Drittwirkung von Grundrechten gerade nicht weiter als deren unmittelbare Abwehrfunktion gegenüber dem Staat.

Da der Gesetzgeber mit dem Klimaschutzgesetz und dem sog. „Paket Fit für 55“ Regelungen geschaffen habe und die Klägerseite angesichts dieser verfassungskonformen Regelungen den Staat nicht weitergehend verpflichten könne, stünden ihr auch gegenüber der Beklagten die geltend gemachten Ansprüche nicht zu.

Die grundsätzliche Frage, die die Klägerseite mit ihrer Klage aufwerfe, nämlich, ob die gesetzlichen Klimaschutzvorgaben als ausreichend anzusehen seien, unterliege gegebenenfalls einem weiteren gesellschaftlichen und politischen Diskurs. Sie könne aber nicht in dem vorliegenden Zivilrechtsstreit entschieden werden, der ausschließlich das bilaterale Verhältnis der beiden Parteien betreffe.

Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Er kann beim Bundesgerichtshof mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten werden.

Angewendete Normen:

§ 1004 BGB – Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

§ 823 BGB – Schadensersatzpflicht

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Frau Dr. Rike Werner

Oberlandesgericht Braunschweig
Pressesprecherin
Bohlweg 38
38100 Braunschweig
Tel: 0531 4882460 oder 0172 4115087
Fax: +49(0)5141 5937-34921

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