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Beweisaufnahme im Kapitalanleger–Musterverfahren erforderlich


OBERLANDESGERICHT BRAUNSCHWEIG – 8. März 2023

Der 3. Zivilsenat hat im Kapitalanleger-Musterverfahren der Deka Investment GmbH gegen die Volkswagen AG und die Porsche Automobil Holding SE (3 Kap 1/16) nach Auswertung der umfangreichen Stellungnahmen der Beteiligten mit Hinweisbeschluss vom 6. März 2023 bekannt gegeben, dass die Durchführung einer Beweisaufnahme beabsichtigt sei.

Zwar stehe aus Sicht des Senats fest, dass bereits ab 2008 mit dem Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung eine Insiderinformation vorlag. Für die Frage der Haftung der VW AG für die Zeit bis zum 9. Juli 2012 müsse die Musterklägerin in einem weiteren Schritt aber beweisen, dass zumindest ein Vorstandsmitglied Kenntnis von der Manipulation gehabt und mit Blick auf die Anleger eine verwerfliche Gesinnung vorgelegen habe. Nach dem Sachvortrag der Klägerseite lasse sich nämlich eine Haftung der VW AG nicht bereits auf einen vorsätzlichen Verstoß gegen die Informationsbeschaffungs- und Wissensorganisationspflicht des Vorstandes stützen. Ob ein grob fahrlässiger Pflichtenverstoß vorliege, könne zumindest nicht ohne Beweisaufnahme über die streitigen Behauptungen festgestellt werden.

Bei den geltend gemachten Ansprüchen einer Vielzahl von Aktionärinnen und Aktionären nach § 37b WpHG a.F. für die Zeit ab dem 10. Juli 2012 habe hingegen die VW AG zu beweisen, dass das Unterlassen der Mitteilung durch den Vorstand weder vorsätzlich noch grob fahrlässig gewesen sei.

Der Senat bekräftigt in seinem aktuellen Hinweis nochmals seine bereits zuvor in dem Beschluss vom 18. November 2021 geäußerte Rechtsauffassung, dass es allein auf das Wissen des aktienrechtlichen Vorstandes ankomme. Für eine Wissenszurechnung von Bereichsleitern, Markenvorständen oder Mitgliedern des Ausschusses für Produktsicherheit bestehe hingegen keine rechtliche Grundlage.

Der Senat wird den Beteiligten in den bereits anberaumten Terminen am 23. und 24. Mai 2023 die Einzelheiten der geplanten Beweisaufnahme vorstellen.

Angesichts der zu erwartenden umfangreichen und zeitintensiven Beweisaufnahme, deren Ausgang nicht abzuschätzen sei, empfahl der Senat den Beteiligten zu prüfen, ob es nicht sinnvoll sei, Vergleichsgespräche zu führen.


Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Frau Dr. Rike Werner

Oberlandesgericht Braunschweig
Pressesprecherin
Bohlweg 38
38100 Braunschweig
Tel: 0531 4882460 oder 0172 4115087
Fax: +49(0)5141 5937-34921

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