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11. und 12. Verhandlungstag im Kapitalanleger-Musterverfahren gegen VW und Porsche vor dem Oberlandesgericht Braunschweig

OBERLANDESGERICHT BRAUNSCHWEIG – 9. Juni 2021

Gestern und heute fanden der 11. und 12. Verhandlungstag im Kapitalanleger-Musterverfahren der Deka Investment GmbH gegen die Volkswagen AG und die Porsche Automobil Holding SE vor dem Oberlandesgericht Braunschweig statt.

Zunächst ging es um die zwischen den Parteien intensiv diskutierte Rechtsfrage, ob es für die Verletzung der Ad-hoc-Mitteilungspflicht eine Rolle spielt, mit welcher Wahrscheinlichkeit die Softwaremanipulation zu den jeweils relevanten Zeitpunkten hätte aufgedeckt werden können. Nach ausführlichen Eingangsstatements der beteiligten Rechtsanwälte zu diesem Aspekt führte der Vorsitzende des 3. Zivilsenats Dr. Christian Jäde aus, dass nach vorläufiger Auffassung des Senats die sog. Aufdeckungswahrscheinlichkeit bei der Prüfung der Kursrelevanz außer Betracht zu bleiben habe, es also nicht darauf ankomme, ob mit der Aufdeckung der Rechtsverstöße zu rechnen gewesen sei.

Es folgte sodann die umfassende Erörterung der Kursrelevanz. Sie ist Voraussetzung für das Vorliegen einer Insiderinformation und damit für die in den Ausgangsverfahren geltend gemachten Schadensersatzansprüche nach dem Wertpapierhandelsgesetz. Maßgeblich ist die Frage, ob ein verständiger Anleger die Information über die Abgasmanipulation zum Zeitpunkt seiner Anlageentscheidung berücksichtigt hätte, wenn sie öffentlich bekannt gewesen wäre.

Hier diskutierten die Verfahrensbeteiligten zahlreiche tatsächliche Anknüpfungspunkte, die ein verständiger Anleger in seine Überlegungen einbezogen hätte, wenn der Einbau der Abschaltautomatik bekannt gewesen wäre. Dies seien drohende staatliche Strafzahlungen insbesondere in den USA, drohende individuelle Klagen und Sammelklagen von Käufern, Absatzeinbußen auf den verschiedenen Märkten und ein Reputationsschaden. Erörtert wurde in diesem Zusammenhang, ob es in der Vergangenheit bereits ähnliche Fälle gegeben habe, wie diese Verstöße durch die Behörden sanktioniert worden und inwieweit diese Fälle mit dem hiesigen vergleichbar seien.

Der Senat kündigte an, die Ergebnisse der mündlichen Verhandlung und die kurz vorher eingegangenen Stellungnahmen der Verfahrensbevollmächtigten mit Privatgutachten auszuwerten und seine hieraus gewonnene Auffassung zur objektiven Kursrelevanz in einem Hinweisbeschluss zusammenzufassen. Darin werde er sich auch dazu äußern, ob zu diesem Punkt eine Beweisaufnahme durch Einholung von Sachverständigengutachten erforderlich sei.

Außerdem wird über die Zulassung von zahlreichen Erweiterungsanträgen der Klägerseite zu befinden sein.

Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Andrea Dr. Tietze

Oberlandesgericht Braunschweig
Pressesprecherin
Bohlweg 38
38100 Braunschweig
Tel: 0531 488-2460

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