Mordfall Yasmin Stieler
Oberlandesgericht Braunschweig verwirft sofortige Beschwerden der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger gegen Nichteröffnungsbeschluss des Landgerichts Braunschweig vom 02.03.2009.
Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig (OLG) hat jetzt per Beschluss (Geschäftsnummer: Ws 86/09) die sofortigen Beschwerden der Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger gegen den Nichteröffnungsbeschluss des Landgerichts Braunschweig (LG) vom 02.03.2009 verworfen. Damit bleibt es bei der Entscheidung des LG Braunschweig, das Hauptverfahren gegen den Angeschuldigten K nicht zu eröffnen.
Gegen die Entscheidung des OLG Braunschweig gibt es kein Rechtsmittel.
OLG bestätigt: LG hat das Hauptverfahren zu Recht nicht eröffnet
Nach der Strafprozessordnung (StPO) darf das Gericht die Eröffnung des Hauptverfahrens nur beschließen, wenn der Angeschuldigte einer Straftat hinreichend verdächtig ist. Diesen nach § 203 StPO erforderlichen hinreichenden Tatverdacht hat der Strafsenat verneint, weil nach Aktenlage eine Verurteilung nicht wahrscheinlicher erscheint als ein Freispruch.
Im Wesentlichen sprechen nach den Ausführungen des Strafsenats folgende Gründe gegen eine Verurteilung des Angeschuldigten:
- Ob und wie sich ein möglicher Kontakt zwischen dem Angeschuldigten und der später getöteten Yasmin Stieler ergeben habe, sei unklar. Dem Angeschuldigten, der die Tat leugne, könne nicht nachgewiesen werden, vor der Tat mit dem Opfer in Verbindung gestanden zu haben.
- Unklar bleibe, was zu der Tat geführt habe und wie diese überhaupt abgelaufen sein könnte sowie schließlich, wann und wo der Leichnam durch wen zerteilt und die einzelnen Leichenteile versteckt worden seien. Eine umfangreiche Spurensuche am Tatort habe keinerlei Hinweis auf eine Beteiligung des Angeschuldigten ergeben.
- Darüber hinaus werde sich voraussichtlich auch nicht mit der erforderlichen Sicherheit ausschließen lassen, dass ein anderer als Täter in Betracht kommt. Vor dem Hintergrund eines nur auf Indizien beruhenden Verdachts lasse sich ein hinreichender Tatverdacht schon dann nicht mehr begründen, wenn aufgrund der aufgezeigten objektiven Anhaltspunkte nicht nur theoretisch nicht auszuschließen ist, dass ein anderer die Tat begangen habe.
- Auch aus dem Fund eines Spatens im März 2008 am früheren Arbeitsplatz des Angeschuldigten, der letztlich zur Anklageerhebung führte, lassen sich keine eindeutigen Indizien ableiten.
Der Senat führt hierzu aus, dass an dem Gerät zwar Erdanhaftungen gefunden worden seien, die sehr wahrscheinlich mit Bodenproben identisch seien, die im Jahre 1996 am Fundort des Torsos genommen wurden, und dass sich in einer im März 2008 genommenen Bodenprobe ein Lacksplitter befunden habe, der mit dem auf dem sichergestellten Spaten befindlichen Lack identisch sei. Daraus ergebe sich, dass mit dem Spaten an der Torsofundstelle gegraben worden sei. Unklar bleibe aber, zu welchem Zeitpunkt der Spaten durch wen an der Fundstelle benutzt worden sei, zumal mehrere Personen nach der Tat auf den Spaten Zugriff gehabt hätten. Es sei daher nicht sicher auszuschließen, dass der Spaten seit 1996 nicht mehr genutzt worden sei.
- Schließlich habe der Angeschuldigte zu keinem Zeitpunkt eindeutig und unmissverständlich die Begehung der Tat eingeräumt. Dass einige seiner Äußerungen widersprüchlich und widerlegbar seien, ließe keinen hinreichend sicheren Schluss auf eine Täterschaft des Angeschuldigten zu.
Zum Hintergrund
Mit ihrer Anklageschrift vom 7.11.2008 legt die Staatsanwaltschaft Braunschweig dem Angeschuldigten K zur Last, in der Nacht vom 5. auf den 6. Oktober 1996 in Vechelde-Bodenstedt die Schülerin Yasmin Stieler gegen Mitternacht im Bodenstedter Holz erwürgt oder erdrosselt zu haben. Da es unmittelbare Tatzeugen nicht gibt, stützt die Staatsanwaltschaft diesen Tatvorwurf auf eine Vielzahl von Indizien, die aus ihrer Sicht den - die Tat bestreitenden - Angeschuldigten belasten. K befand sich vom 4.9.2008 bis zum 2.3.2009 in Untersuchungshaft.
Das Landgericht Braunschweig hat mit dem angefochtenen Beschluss vom 2.3.2009 die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt und den Haftbefehl des Amtsgerichts Braunschweig vom 3.9.2008 aufgehoben. Dies hat das Landgericht damit begründet, dass auch bei einer Gesamtschau aller belastenden Indizien "mit großer Wahrscheinlichkeit" am Ende einer Hauptverhandlung mit einem Freispruch des Angeschuldigten aus tatsächlichen Gründen zu rechnen sei.
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