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Strafverfahren wegen Verwendens verbotener Kennzeichen

OBERLANDESGERICHT BRAUNSCHWEIG – 31. März 2025


Nach einem Revisionsurteil des 1. Strafsenats vom 6. März 2025 (1 ORs 8/25) wird das Amtsgericht Northeim erneut darüber zu entscheiden haben, ob sich ein Angeklagter wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen strafbar gemacht hat (§ 86a StGB).


Der Angeklagte hatte einen Aufkleber mit dem Aufdruck „Ossi“ auf seinem Fahrzeug angebracht. Die Darstellung der beiden Buchstaben „ss“ in der Wortmitte – so die Anklage – seien mit den SS-Runen identisch. Der Angeklagte tritt diesem Vorwurf entgegen, er habe ein verbotenes Zeichen der NSDAP verwandt. Er habe die beiden „Blitze“ bei der Bestellung des Aufklebers ausschließlich mit einer amerikanischen Rockband in Verbindung gebracht.


Das Amtsgericht Northeim hat den Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Zwar entsprächen die Buchstaben den verbotenen Kennzeichen im Sinne der §§ 86a Abs. 1 Satz 1, 86 Abs. 1 Nr. 4 StGB, jedoch sei dem Angeklagten nicht nachzuweisen, dass ihm bewusst war, SS-Runen zu verwenden.


Auf die Revision der Staatsanwaltschaft Göttingen hat der Senat die Entscheidung aufgehoben. Anders als bei einer Berufung trifft das Gericht bei einer Revision keine eigenen Feststellungen, sondern überprüft die Entscheidung anhand des Urteils ausschließlich auf Rechtsfehler. Vorliegend genügten die schriftlichen Urteilsgründe der ersten Instanz nicht für eine revisionsrechtliche Beurteilung des Freispruchs: In den Urteilsgründen fehle eine Beschreibung des Aufklebers oder eine ordnungsgemäße Bezugnahme auf eine Abbildung. Dem Erscheinungsbild – so der Senat – komme aber eine maßgebliche Bedeutung für die Bewertung des Sachverhaltes zu. Danach beurteile sich, ob die Zeichen überhaupt dem Straftatbestand des § 86a StGB unterfielen und ihre Verwendung in diesem konkreten Einzelfall strafbar sei. Zum anderen bedürfe es einer konkreten Darstellung der Zeichen für die Überprüfung, inwieweit die Urteilsausführungen zum nicht nachgewiesenen Vorsatz des Angeklagten tragfähig und rechtsfehlerfrei seien. Insoweit fehle auch eine Beschreibung der seitens des Angeklagten zum Vergleich herangezogenen Zeichen der Rockgruppe.


Wegen der fehlenden Sachverhaltsdarstellung konnte der Senat keine abschließende Entscheidung zu diesen Fragen treffen. Er hat das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.


Angewendete Vorschriften

§ 86a StGB Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen

Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. im Inland Kennzeichen einer der in § 86 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 4 oder Absatz 2 bezeichneten Parteien oder Vereinigungen verbreitet oder öffentlich, in einer Versammlung oder in einem von ihm verbreiteten Inhalt (§ 11 Absatz 3) verwendet oder

2. einen Inhalt (§ 11 Absatz 3), der ein derartiges Kennzeichen darstellt oder enthält, zur Verbreitung oder Verwendung im Inland oder Ausland in der in Nummer 1 bezeichneten Art und Weise herstellt, vorrätig hält, einführt oder ausführt.

(2) Kennzeichen im Sinne des Absatzes 1 sind namentlich Fahnen, Abzeichen, Uniformstücke, Parolen und Grußformen. Den in Satz 1 genannten Kennzeichen stehen solche gleich, die ihnen zum Verwechseln ähnlich sind.

(3) § 86 Abs. 4 und 5 gilt entsprechend.

§ 86 StGB Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen

Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen

(1) Wer Propagandamittel

[…]

4. die nach ihrem Inhalt dazu bestimmt sind, Bestrebungen einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation fortzusetzen,

[…]

Jede Person, die einer Straftat angeklagt ist, gilt bis zum gesetzlichen Beweis ihrer Schuld als unschuldig.

Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Frau Dr. Rike Werner

Oberlandesgericht Braunschweig
Pressesprecherin
Bohlweg 38
38100 Braunschweig
Tel: 0531 4882460 oder 0172 4115087
Fax: +49(0)5141 5937-34921

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