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Schadenersatzanspruch gegen die Porsche Automobil Holding SE wegen vermeintlich unrichtiger Presseerklärungen: Landgericht Hannover ist zuständig

Oberlandesgericht Braunschweig bestimmt das Landgericht Hannover zum zuständigen Gericht


BRAUNSCHWEIG Der 1. Zivilsenat des OLG Braunschweig hat mit Beschluss vom 29.10.2013 – Geschäftsnummer: 1 W 42/13 – für das Schadenersatzverfahren das Landgericht Hannover als zuständiges Gericht bestimmt.

Mit der ursprünglich beim Landgericht Stuttgart erhobenen Klage verlangen die insgesamt sieben Klägerinnen von der beklagten Porsche Automobil Holding SE Schadensersatz. Die Klägerinnen behaupten, die Beklagte hätte im Zusammenhang mit deren Versuch, im Jahre 2008 die Volkswagen AG zu übernehmen, unrichtige Presseerklärungen abgegeben und den Kapitalmarkt absichtlich in die Irre geführt, um vorsätzlich eine Preissteigerung der VW-Stammaktien herbeizuführen, was auch gelungen sei. Den Klägerinnen seien dadurch erhebliche Schäden entstanden, weil sie als Investmentfonds in der Erwartung sinkender Kurse zuvor Leerverkäufe getätigt hätten.

Das Landgericht Stuttgart hat sich mit Beschluss vom 29. 02. 2012 für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht Braunschweig verwiesen. Für Klagen wegen falschen, irreführenden oder unterlassenen öffentlichen Kapitalmarktinformationen sei nach § 32 b Abs. 1 Nr. 1 ZPO örtlich ausschließlich das Landgericht am Sitz des betroffenen Emittenten zuständig. Dies sei das Landgericht Braunschweig, in dessen Bezirk die Volkswagen AG ihren Sitz habe.

Die Klägerinnen haben sich nach der Verweisung an das Landgericht Braunschweig zusätzlich auch auf einen angeblichen Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und den Verstoß gegen das Kartellverbot (§§ 19, 20, 33 GWB, Art. 101 f. AEUV) berufen. Die Klägerinnen haben deshalb die Weiterverweisung an eine Kartellkammer, entweder die des Landgerichts Frankfurt a. M., hilfsweise an die des Landgerichts Hannover beantragt. Die Beklagte ist dem entgegen getreten. Durch Beschluss vom 19.06.2013 hat das Landgericht Braunschweig den Rechtsstreit an die Kartellkammer des für Kartellsachen zuständigen Landgerichts Hannover verwiesen.

Das Landgericht Hannover hat die Übernahme der Sache abgelehnt, sich selbst für unzuständig erklärt und die Sache dem Oberlandesgericht Braunschweig zur Bestimmung der Zuständigkeit vorgelegt.

Das Oberlandesgericht Braunschweig hat das Landgericht Hannover zum zuständigen Gericht bestimmt, weil dieses wegen des von den Klägerinnen geltend gemachten Kartellrechtsverstoßes sachlich ausschließlich zuständig ist. Das Land Niedersachsen hat von der gesetzgeberischen Befugnis Gebrauch gemacht und beim Landgericht Hannover landesweit alle kartellrechtlichen Streitigkeiten konzentriert.

Die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des Landgerichts Stuttgart an das Landgericht Braunschweig steht dem nicht entgegen. Diese beschränkt sich nur auf die Verneinung der eigenen örtlichen Zuständigkeit und spiegelbildlich darauf, dass das Landgericht Braunschweig an einer Rück- oder Weiterverweisung unter dem Gesichtspunkt der örtlichen Zuständigkeit gehindert gewesen ist.

Die Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses geht nur soweit, wie das verweisende Gericht binden wollte und soweit es die Zuständigkeit erkennbar geprüft hat. Das Landgericht Stuttgart hat sich indes nur mit der örtlichen Zuständigkeit und dies auch nur unter dem Gesichtspunkt der Haftung wegen falscher, irreführender oder unterlassener öffentlichen Kapitalmarktinformationen befasst.

Bei der kartellrechtlichen Zuständigkeit des Landgerichts Hannover handelt es sich um eine besondere Form der sachlichen Zuständigkeit. Der gesetzgeberische Grund kommt in der Vorschrift des § 89 GWB selbst unmittelbar zum Ausdruck („Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung“). Das dafür maßgebliche Abgrenzungskriterium dieser Vorschrift ist keines nach der örtlichen Beziehung, sondern nach sachlich-funktioneller Beziehung zum Kartellrecht. Demgegenüber knüpft § 32 b Abs. 1 ZPO an den Ortsbezug des Sitzes an, so wie es auch das Landgericht Stuttgart allein in seine Überlegungen einbezogen hat.

Rückfragen hinsichtlich des weiteren Verfahrensfortgangs richten Sie bitte an das Landgericht Hannover.

Presseinfo

Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Ingo Groß

Oberlandesgericht Braunschweig
Pressesprecher
Bankplatz 6
38100 Braunschweig
Tel: 0531/488-2472
Fax: 0531/488-2470

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