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Besetzung der ehemaligen Justizvollzugsanstalt Göttingen – Ultimatum schließt Hausfriedensbruch nicht aus

OBERLANDESGERICHT BRAUNSCHWEIG – 9. Oktober 2024

Mit Urteil vom 3. November 2023 hatte das Amtsgericht Göttingen einen Angeklagten von dem Vorwurf des Hausfriedensbruchs freigesprochen. Zwar stehe fest, dass sich der Angeklagte am Morgen des 6. Oktober 2022 auf der Außenmauer der ehemaligen Justizvollzugsanstalt bis ca. 21 Uhr aufgehalten habe. Jedoch handele es sich bei der Mauer lediglich um eine äußere Begrenzung des Grundstücks und sie unterliege daher nicht dem Schutzbereich des § 123 des Strafgesetzbuchs (StGB). Auch wenn der Angeklagte sich bereits zu einem früheren Zeitpunkt – wie auch weitere Personen – auf dem Gelände selbst aufgehalten habe, habe er sich nicht strafbar gemacht, da die Oberbürgermeisterin sowie der Stadtbaurat zugesichert hätten, dass das Grundstück am 6. Oktober 2022 erst nach 12 Uhr geräumt werde, und sofern sie das Grundstück zuvor verließen, keine Strafanträge gestellt würden. Damit habe sich, so das Amtsgericht, die Stadt Göttingen mit dem Verbleib des Angeklagten auf dem Grundstück bis zum Ablauf des Ultimatums einverstanden erklärt.

Dem Freispruch ist der Strafsenat auf die Revision der Staatsanwaltschaft Göttingen mit Urteil vom 19. September 2024 (1 ORs 13/24) entgegengetreten:

Die Mauer sei als Gebäudebestandteil einzuordnen und werde daher von dem Hausrecht der Stadt und dem Tatbestand des § 123 StGB erfasst. Zudem lasse sich das Ultimatum der Oberbürgermeisterin nach den Feststellungen des Amtsgerichts nicht als Einverständnis verstehen, die Personen dürften sich während dieses Zeitraums auf dem Gelände aufhalten. Vielmehr sei mit dem Ultimatum ausschließlich zugesichert worden, dass eine Räumung erst nach dessen Ablauf erfolge und dass kein Strafantrag gestellt würde, sofern der Angeklagte während dieses Zeitraums das Gelände freiwillig verlasse.

Der Senat betonte, dass ein solches Ultimatum die Strafbarkeit des Verhaltens nicht entfallen lasse. Vielmehr sei – in Ermangelung eines Strafantrags – lediglich die Verfolgung der Straftat ausgeschlossen. Damit hat der Strafsenat den Freispruch aufgehoben, aber letztendlich nicht abschließend über die Strafbarkeit entschieden. Er hat das Verfahren zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Göttingen zurückverwiesen. Das Amtsgericht wird bei der anstehenden Bearbeitung des Verfahrens den Sachverhalt in tatsächlicher Hinsicht erneut aufklären und Feststellungen treffen müssen.


Angewendete Norm:

§ 123 Hausfriedensbruch

(1)

Wer in die Wohnung, in die Geschäftsräume oder in das befriedete Besitztum eines anderen oder in abgeschlossene Räume, welche zum öffentlichen Dienst oder Verkehr bestimmt sind, widerrechtlich eindringt, oder wer, wenn er ohne Befugnis darin verweilt, auf die Aufforderung des Berechtigten sich nicht entfernt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2)

Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt.

Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Frau Dr. Rike Werner

Oberlandesgericht Braunschweig
Pressesprecherin
Bohlweg 38
38100 Braunschweig
Tel: 0531 4882460 oder 0172 4115087
Fax: +49(0)5141 5937-34921

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