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Stadtwerkeaffäre Wolfsburg

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OBERLANDESGERICHT BRAUNSCHWEIG - 30.01.2015

Stadtwerke-Affäre Wolfsburg - 1. Strafsenat entscheidet über Eröffnung der Hauptverhandlung gegen Prof. Dr. Karp und Nahrstedt

Der 1. Strafsenat des Oberlandesgerichts Braunschweig hat heute eine Entscheidung im Beschwerdeverfahren über die Frage der Zulassung der Anklage gegen Prof. Dr. Markus Karp, ehemaliges Mitglied des Vorstands der Stadtwerke Wolfsburg AG, und Maik Nahrstedt, früherer Pressesprecher des Unternehmens, getroffen und das Strafverfahren damit insgesamt zum Abschluss gebracht. Zuvor hatte bereits die Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig die Beschwerde der hiesigen Staatsanwaltschaft gegen die teilweise Nichteröffnung der Hauptverhandlung zurückgenommen und damit eine teilweise Erledigung der Anklage herbeigeführt.

Hintergrund:

Prof. Dr. Karp war in der Anklage der Staatsanwaltschaft Braunschweig vom 01.11.2012 vorgeworfen worden, er habe im Zeitraum zwischen dem 07.09.2005 und dem 30.04.2010 den im Bereich Presse und Öffentlichkeitsarbeit tätigen Angestellten Maik Nahrstedt zum Nachteil der Stadtwerke AG mit der Hälfte seiner vertraglich vereinbarten Arbeitszeit „freigestellt“, aber dennoch weiter dessen volles Gehalt gezahlt. Dem Angeschuldigten Nahrstedt sei auf diese Weise ermöglicht worden, die andere Hälfte der Arbeitskraft für unternehmensfremde Zwecke (die örtliche CDU) einzusetzen. Der Stadt Wolfsburg als Aktionärin der Stadtwerke AG soll hierdurch ein Nachteil in Höhe von mindestens der Hälfte des Nettogehaltes Nahrstedts (insgesamt 76.023,17 €) entstanden sein. Nahrstedt soll seinerseits hierzu Beihilfe geleistet haben. Darüber hinaus war der Angeschuldigte Nahrstedt der Untreue in weiteren 43 Fällen angeklagt, da er im Tatzeitraum das ihm von der Stadtwerke AG zur Verfügung gestellte Laptop einschließlich der dazugehörenden UMTS-Karte für die CDU Wolfsburg einsetzt habe.

Mit Beschluss vom 22.05.2014 hatte das Landgericht Braunschweig die Anklage gegen Prof. Dr. Karp wegen Untreue und gegen Nahrstedt wegen Beihilfe zur Untreue zum Nachteil der Stadtwerke Wolfsburg AG nicht zur Hauptverhandlung zugelassen. Hinsichtlich des weitergehenden Anklagevorwurfs gegen Nahrstedt wegen Untreue in 43 Fällen zum Nachteil der Stadtwerke AG war die Anklage zugelassen, das Hauptverfahren aber anstatt vor dem Landgericht Braunschweig vor dem Amtsgericht Wolfsburg eröffnet worden. Gegen diese Entscheidung hatte die Staatsanwaltschaft Braunschweig in vollem Umfang Beschwerde eingelegt.

Der 1. Strafsenat hat im Rahmen des Beschwerdeverfahrens in einem vor dem heute erlassenen Beschluss ergangenen Hinweis an die Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig dargelegt, hinsichtlich des Vorwurfs gegen Prof. Dr. Karp und Nahrstedt wegen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue sei der für den Untreuetatbestand des § 266 StGB erforderliche Vermögensnachteil urch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft nicht belegt. Selbst wenn Nahrstedt zur Hälfte von seiner regulären Arbeit freigestellt gewesen sein sollte, ergebe sich daraus kein Vermögensnachteil für die Stadtwerke AG, da Nahrstedt aufgrund seines Arbeitsvertrages unabhängig davon, ob er seine Arbeitsleistung ganz oder nur zum Teil für die Stadtwerke AG erbracht hat, Anspruch auf volle Lohnzahlung gehabt habe. Ein Vermögensnachteil wäre nur entstanden, wenn für die Arbeit, die Nahrstedt konkret hätte leisten müssen, eine andere Person neu eingestellt worden wäre oder an einen anderen Angestellten eine Überstundenvergütung hätte gezahlt werden müssen. Hierfür lägen nach dem Inhalt der Ermittlungsakten keine zureichenden Anhaltspunkte vor.

Darüber hinaus hat der 1. Strafsenat - anders als das Landgericht Braunschweig in seinem Beschluss vom 22.05.2014 - in seinem Hinweis an die Generalstaatsanwaltschaft aus tatsächlichen Gründen auch keinen hinreichenden Tatverdacht gegen Nahrstedt wegen Untreue in 43 Fällen wegen teilweise dienstfremder Nutzung seines ihm von der Stadtwerke AG zur Verfügung gestellten Laptops gesehen. Insoweit fehle es an einer Vermögensbetreuungspflicht Nahrstedts, die nur bei einer besonders qualifizierten Stellung gegeben sei, die Nahrstedt nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht innegehabt habe.

Der Senat hat schließlich darauf hingewiesen, dass die an sich zulässige Durchführung einzelner ergänzender Ermittlungen durch das Gericht vor Eröffnung des Hauptverfahrens (§ 202 StPO) hier nicht in Betracht komme, da im vorliegenden Fall zur Begründung eines hinreichenden Tatverdachts umfangreiche Ermittlungen nötig wären, die nicht im Rahmen des sogenannten Zwischenverfahrens erhoben werden könnten.

Die Generalstaatsanwaltschaft Braunschweig hat sich nach erneuter Prüfung den Erwägungen des Strafsenats angeschlossen und die Beschwerde zurückgenommen, soweit sie sich gegen die teilweise Nichteröffnung der Hauptverhandlung gegen Prof. Dr. Karp und Nahrstedt wegen Untreue bzw. Beihilfe zur Untreue richtete. Durch die teilweise Rücknahme der Beschwerde ist die Anklage in diesem Punkt hinfällig geworden. Aufrechterhalten blieb die Beschwerde insoweit, als das Landgericht das Hauptverfahren gegen Nahrstedt wegen Untreue in 43 Fällen vor dem Amtsgericht Wolfsburg eröffnet hat. Dies ermöglichte es dem Strafsenat, den Eröffnungsbeschluss des Landgerichts aufzuheben, so dass auch keine Hauptverhandlung gegen Nahrstedt wegen Untreue durchgeführt werden wird und das Strafverfahren insgesamt zum Abschluss kommt.

Presseinfo

Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Andrea Dr. Tietze

Oberlandesgericht Braunschweig
Pressesprecherin
Bohlweg 38
38100 Braunschweig
Tel: 0531 488-2460

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