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"Wenn die Polizei die Tür aufbricht"

- zur Haftung der Polizei bei Aufbruch einer Wohnung wegen des Verdachts einer Straftat

In dem Artikel "Wenn die Polizei die Tür aufbricht" vom 20.03.2010 beschäftigt sich die Braunschweiger Zeitung mit den Rechtsfolgen des Aufbruchs einer Wohnungstür durch die Polizei im Rahmen von Strafverfolgungsmaßnahmen.

Konkreter Anlass ist der Fall des "Hans D.", der Eigentümer einer Wohnung in Braunschweig ist und die Kosten für die Beschädigung einer Wohnungstür durch die Polizei ersetzt bekommen möchte. Grund für den Polizeieinsatz war der Verdacht, dass der Mieter in der Wohnung Drogen aufbewahrt.

Im Verlauf des Artikels wird eine Entscheidung des Amtsgerichts Berlin-Mitte zitiert, nach der die Kosten von "der Polizei" zu tragen seien, während der Pressesprecher der Polizei die Auffassung vertritt, die "Polizei sei nicht Geldeintreiber der geschädigten Vermieter".

Selbstverständlich kann, will und darf hier nicht eine mögliche Entscheidung in dem konkreten Einzelfall des "Hans D." vorwegnommen oder auch nur angedeutet werden.

Losgelöst vom Einzelfall soll aber auf eine aktuellere Entscheidung des für Staatshaftungsfragen zuständigen 3. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Braunschweig in einem vergleichbaren Fall hingewiesen werden (3 U 80/08, Beschlüsse vom 10.10.2008 und 12.11.2008):

In dem zu entscheidenden Fall ging es um Schadensersatzansprüche eines Wohnungseigentümers nach einem Polizeieinsatz. Anlass für diesen Einsatz war der Verdacht einer Straftat gegen den Lebensgefährten der Mieterin.

Der Senat hat entschieden, dass dem Wohnungseigentümer ein Schadensersatzanspruch gegen das beklagte Land aus enteignendem Eingriff zustehe, weil dem Eigentümer ein Sonderopfer abverlangt wurde.

Denn der Einsatz der Polizei, der zu der Beschädigung geführt hat, diente der Allgemeinheit (hier: Strafverfolgung) und der nicht unerhebliche Schaden an der Tür lag über dem, was eine Gemeinschaft, die ihre verfassungsgemäße Ordnung in einem sozialen Rechtsstaat gefunden hat, dem Einzelnen entschädigungslos zumuten kann und will.

Nach Auffassung des Senats in jenem Fall können die Folgen des Polizeieinsatzes auch nicht dem Vermieterrisiko und damit dem allgemeinen Lebensrisiko zugeordnet werden. Denn die Beschädigung waren nicht durch die Mieterin in zurechenbarer Weise verursacht worden, sondern allein durch die Polizei. Wenn auch der dortige Polizeieinsatz durch den Verdacht des Lebensgefährten der Mieterin herausgefordert sein mochte, hat dieses Verhalten mit dem Mietverhältnis nichts zu tun. Der Schaden wurde nicht durch die Eigenart der Benutzung der Mietsache, sondern durch die Eigenart des Polizeieinsatzes geprägt.

Das beklagte Land wurde auch nicht mit dem Einwand gehört, dass die Mieterin oder der Lebensgefährte auf Ersatz in Anspruch genommen werden könnten. Dabei hat es der Senat ausdrücklich offen gelassen, ob solche Ansprüche bestehen oder durchsetzbar seien. Entscheidend war nämlich, dass ein solches Verweisungsprivileg (nach § 839 Abs. 1 S. 2 BGB) für den Anspruch aus enteignendem Eingriff nicht besteht.

Die Entscheidung des Senats ist rechtskräftig.

Abschließend soll nochmals betont werden, dass mit dem Hinweis auf die zitierte Entscheidung keine Stellungnahme in dem konkreten Fall des "Hans D." verbunden oder auch nur bezweckt ist.

Presseinfo

Artikel-Informationen

Ansprechpartner/in:
Ingo Groß

Oberlandesgericht Braunschweig
Pressesprecher
Bankplatz 6
38100 Braunschweig
Tel: 0531/488-2472
Fax: 0531/488-2470

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